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6 Wochen danach

6 Wochen nach dem Start des Lockdowns

Erinnert ihr euch noch an den 16. März 2020, als der Bundesrat uns mitgeteilt hatte, dass ab Mitternacht der Lockdown gelte. Ich war damals tief berührt, denn ich hätte mir nie vorstellen können, dass es möglich ist, alles herunterzufahren, damit unsere Spitäler nicht überlastet sind. Es fühlte sich für mich an, als ob wir uns plötzlich alle näher gekommen sind, als ob wir merkten, dass wir jetzt für einander Sorge tragen müssen. Eine Welle der Solidarität ging durch das Land. Die meisten von uns, wollten den Menschen helfen, die Unterstützung benötigten. Es kam ein Gefühl der Verbundenheit aber auch der Gemeinschaft auf. Es fühlte sich an, als ob wir uns alle ein wenig nähergekommen wären. Wir sassen alle im gleichen Boot und hatten das Bedürfnis, uns und die anderen Bewohner dieses Landes zu schützen und zu stärken.

Damals, am 16. März, waren alle Parteien gleicher Meinung. Alle wollten das Wohlergehen dieses Landes und allen war es klar, dass wir die Spitäler und somit das Pflegepersonal entlasten mussten – denn wir haben zu wenig Betten, um alle Kranken auf einmal aufzunehmen, wenn wir keine Schutzmassnahmen einführten. Verständnis und Rücksichtnahme wurden hochgejubelt und es ging ein Ruck durch unser Land.

Sechs Wochen später fühle ich nicht mehr viel von dieser Solidarität. Wir sind wieder zu Egoisten mutiert und alle wollen, dass der Bundesrat zu ihren Gunsten entscheidet. Jetzt kann er plötzlich nichts mehr recht machen und das Gemotze hört nicht mehr auf. Jeder und jede muss jetzt irgendwie noch den eigenen Senf dazu geben. Einige sind am Verzweifeln, andere jubeln und wieder andere sind zu Dauernörgeln mutiert – obwohl ich denke, dass sie es auch schon vorher waren. Die Parteien müssen sich plötzlich auch wieder positionieren, damit sie ihre Anhänger nicht verlieren.

Wenn unser Ego wieder diese Kraft übernimmt, verlieren wir wieder die Verbundenheit zueinander. Wenn unser Ego wieder gross und stark wird, kommt im tiefen Innern eine grosse Angst auf. Frag dich doch mal, welches im Moment deine grössten Ängste und Sorgen sind. Frag dich aber auch, was es dir bringt, immer nur in der Zukunft zu sein, obwohl du nicht weisst, ob deine grössten Sorgen überhaupt einmal eintreffen werden. Frag dich doch mal, wie viel Energie du in etwas gibst, dass du nicht ändern kannst – nämlich die Entscheidung des Bundesrates. Eines kannst du ändern – nämlich deine Sicht auf die Dinge.

Dann könnte es sein, dass dieses Gefühl von Miteinandersein und Gemeinschaft wieder ein bisschen mehr in unserer Gesellschaft spürbar ist. Denn wenn das alles vorbei ist, wäre es doch einfach schön, es hätte sich in unserer Gesellschaft spürbar etwas verändert und wir wären uns alle ein bisschen näher.

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